Interview

Wie Haag-Streit mit der Elara 900 ein Kernprodukt erfolgreich digitalisierte

Mit der Elara 900 hat Haag-Streit ein über Jahrzehnte bewährtes Kernprodukt neu erfunden.  Durch die Verwendung von analoger und digitaler Technologie ist ein Gerät entstanden, das sowohl innovativ ist und zugleich vertraut bleibt, entwickelt in enger Zusammenarbeit mit Milani.

Im Interview erklärt Jörg Breitenstein, Leiter Forschung und Entwicklung bei Haag-Streit, warum Innovation nur dann Erfolg hat, wenn sie sich nahtlos in den Alltag von Ärzt:innen einfügt, und wie Milani als strategischer Partner half, Akzeptanz zu schaffen.

Herr Breitenstein, die Spaltlampe gilt seit Jahrzehnten als unverzichtbares Werkzeug der Ophthalmologie. Warum haben Sie das Gerät neu gedacht?

(Jörg Breitenstein / JB): Die klassische Spaltlampe war über Jahrzehnte hinweg rein analog. Mit Elara wollten wir den nächsten Schritt gehen: Die Untersuchung digitalisieren, Augenspezialisten und Patienten mehr Komfort zu bieten, und gleichzeitig sicherstellen, dass das Gerät langfristig zukunftssicher bleibt, etwa durch digitale Anbindungen oder Erweiterungen.

Das klingt nach einer grossen Umstellung für die Ärzte. Wie sind Sie damit umgegangen?

(JB): Für Augenärzte ist die Untersuchung ein hoch eingespielter Ablauf, der meist nicht länger als zwei Minuten dauert. Diese Routinen sind seit Jahrzehnten fest verankert. Es hat sich schon sehr früh herausgestellt, dass eine vollständige Digitalisierung aller Arbeitsschritte im Umgang mit einer Spaltlampe von den Augenärzten nicht gewünscht und eher Widerstand ausgelöst hätte. Innovation ist nur dann erfolgreich, wenn sie sich in den Alltag einfügt. Die Herausforderung bestand also darin, die neue Technologie wie eine natürliche Weiterentwicklung wirken zu lassen. Dabei hat uns Milani unterstützt.

Wie zeigt sich das konkret im neuen Bedienkonzept?

(JB): Ein Beispiel: Die Spaltbreite wird weiterhin über haptischen Drehsteller manuell eingestellt. Das ist ein Handgriff, der bei den Ärzten tief verankert ist. Eine digitale Lösung eher Verwirrung gestiftet hätte.  

Gleichzeitig haben wir neue digitale Funktionen eingeführt, etwa automatische Voreinstellungen, die die Untersuchung beschleunigen, oder den Zugriff auf Vorbefunde. So konnten wir Effizienz gewinnen, ohne die Routinen der Ärzte auf den Kopf zu stellen.

Mit der Elara 900 hat Haag-Streit ein über Jahrzehnte bewährtes Kernprodukt neu erfunden. Durch die Verwendung von analoger und digitaler Technologie ist ein Gerät entstanden, das sowohl innovativ ist und zugleich vertraut bleibt.
Die Spaltbreite wird nach wie vor manuell über einen taktilen Drehknopf eingestellt, eine Routine, die fest in der täglichen Praxis von Augenärzten verankert ist. Foto: © Haag-Streit AG
Neue digitale Funktionen, wie etwa automatische Voreinstellungen, beschleunigen Untersuchungen und steigern die Effizienz, ohne dabei die Präzision zu beeinträchtigen. Foto: © Haag-Streit AG

Welche Rolle hatte Milani in diesem Prozess?

(JB): Milani war von Beginn an unser Designpartner. Sie haben Interviews mit Ärzten geführt, Prototypen entwickelt und so früh aufgezeigt, wo digitale Lösungen echten Mehrwert schaffen. Während wir unsere jahrzehntelange Erfahrung in der technischen Umsetzung einbrachten, hat Milani mit strategischem Design und einer nutzerzentrierten Herangehensweise dafür gesorgt, dass unsere Innovation im Alltag akzeptiert wird.

Besonders geschätzt haben wir die Zusammenarbeit auf Augenhöhe: kurze Entscheidungswege, eine pragmatische, hands-on Arbeitsweise und den gemeinsamen Fokus auf den Nutzen für Ärzte und Patienten, nicht auf Selbstverwirklichung in Technik oder Design.

Gab es auch Reibungen zwischen Technik und Design?

(JB): Ja, selbstverständlich. Aber genau das war die Stärke der Zusammenarbeit. Statt endlos zu diskutieren, haben wir Prototypen gebaut, getestet und di Ergebnisse gemeinsam ausgewertet.  So entstanden Lösungen, die technisch funktionieren und von Ärzten wie Patienten angenommen werden.

Sie sprechen viel von Akzeptanz. Welche Rolle spielt das Design über die Bedienung hinaus?

(JB): Eine sehr grosse. Das Design musste Ärzten und Patienten vermitteln: Dieses Gerät ist modern, bleibt aber das vertraute Werkzeug. Es durfte nicht wie ein Hightech-Gadget aussehen, das Misstrauen weckt. Diese Balance hat Milani mitgestaltet.

Ein weiteres Thema war die Patientenschnittstelle. Was wurde dort verändert?

(JB): Wir haben das bewährte Stirnband beibehalten und es an heutige Anforderungen angepasst: Hygiene, unterschiedliche Körpergrössen, auch spezielle Patientengruppen wie adipöse Patienten. Das neue Design fügt sich funktional und optisch stimmig in das Gesamtkonzept ein.

In enger Zusammenarbeit haben Milani und Haag Streit die Entwicklung des Elara 900 vorangetrieben, von den ersten Entwürfen bis zur Umsetzung.
Der Elara 900 wurde unter Verwendung eines iterativen Designansatzes von der Skizze bis zum physischen Modell kontinuierlich optimiert und weiterentwickelt.
Im Rahmen von Prototypen und Tests hatten Augenärzte die Möglichkeit, den neuen Workflow kennenzulernen. Aus diesen Dialogen ergaben sich entscheidende Erkenntnisse und ein klares Bild davon, welche Funktionen sinnvoll digitalisiert werden konnten.

Was hat Sie persönlich an diesem Projekt gereizt?

(JB): Es war ein kompletter Technologiewechsel in einem traditionsreichen Umfeld. Da prallen unterschiedliche Sichtweisen aufeinander, von Ärzten, Patienten, Entwicklern, Designern. Den richtigen Weg zu finden, ohne die Nutzer zu verlieren, war für mich die spannendste Aufgabe.

Und welchen Beitrag würden Sie Milani im Rückblick zuschreiben?

(JB): Milani hat geholfen, die Perspektive der Anwender konsequent im Blick zu behalten und die Innovation so zu gestalten, dass sie im Alltag funktioniert.

Was bedeutet Elara für die Zukunft von Haag-Streit?

(JB): Elara hat für uns einen Standard gesetzt. Sie zeigt, dass man selbst jahrzehntelang bewährte Instrumente in die digitale Zukunft überführen kann, wenn Technik und Design Hand in Hand gehen.

Herzlichen Dank, Herr Breitenstein, für das inspirierende Gespräch.

Über die Elara 900 von Haag Streit

Die Elara 900 wurde für ambitionierte Augenspezialistinnen und -spezialisten entwickelt und kombiniert die bewährte Optik von Haag-Streit mit einer revolutionären Projektorbeleuchtung, für eine erstklassige klinische Sicht. Leistungsstarke «Presets» optimieren die Arbeitsabläufe, während motorisierte Höhen- und Vergrösserungseinstellungen die Geschwindigkeit und Effizienz steigern. Mit intuitiver Bedienung, grosszügiger Kopfstütze und geneigten Okularen setzt die Elara 900 neue Massstäbe in Sachen Ergonomie,  für maximalen Komfort sowohl für Patientinnen und Patienten als auch für Untersuchende.

Therese Naef
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