38 Prinzipien für nachhaltiges Design
Nachhaltiges Designprinzip – Wiederverwertbare und recycelte Materialien nutzen
Sie möchten die Nachhaltigkeit ihrer Produkte steigern? Eine vielversprechende Strategie zur Entwicklung nachhaltiger Produkte ist die Verwendung wiederverwertbarer und recycelter Materialien.
In diesem Blogbeitrag stellt Milani das nachhaltige Designprinzip vor sowie Beispiele von drei Unternehmen, die es erfolgreich anwenden.
Nachhaltiges Designprinzip
Wiederverwertbare und recycelte Materialien nutzen
Kurz erklärt
Das Designprinzip der Verwendung von wiederverwertbaren und recycelten Materialien zielt darauf ab, die Nutzungsdauer von Materialien zu verlängern und den Ressourcenverbrauch zu reduzieren.
- Wiederverwertbare Materialien werden nach dem Gebrauch nicht weggeworfen, sondern wieder in den Materialkreislauf zurückgeführt und wiederverwertet
- Recycelte Materialien werden aus bereits vorhandenen Produkten oder Materialien gewonnen
Optimalerweise werden beide Kriterien für maximale Kreislauffähigkeit kombiniert. Zudem empfehlen wir, das Produkt auf Demontage zu optimieren, damit es am Ende seines Lebenszyklus leicht auseinandergenommen und besser recycelt oder wiederverwertet werden kann.
Vorteile
Die Verwendung von wiederverwertbaren und recycelten Materialien reduziert nicht nur die Umweltbelastung von Produkten, sondern ist auch wirtschaftlich attraktiv.
Unternehmen verringern Abfall und verkleinern ihren Bedarf an neugewonnenen Ressourcen. Dies ist in Zeiten von steigenden Rohstoffpreisen und Verknappung von Vorteil, insbesondere für wertvolle Materialien wie Industriemetalle, Edelmetalle und seltene Erden. Auch Materialien wie Aluminium, Stahl, Glas und Kunststoffe haben das Potenzial unbegrenzt wiederverwertet zu werden.
Durch den Aufbau regionaler Stoffkreisläufe können Unternehmen auch ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Disruptionen in der Lieferkette erhöhen.
Praxisbeispiel 1
Die VBZ setzt bei Tram und Bus auf Wiederverwertung und Recycling
Das Flexity Tram der Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) ist das bisher nachhaltigste Züri-Tram. In enger Zusammenarbeit mit den VBZ und dem Hersteller Alstom entwickelte Milani das Innen- und Aussendesign der neuen Tramgeneration. Neben dem Einsatz umweltfreundlicher Technologien und einer beispielhaften Energieeffizienz war die Kreislauffähigkeit der Materialien ein zentraler Nachhaltigkeitsaspekt: Das Flexity besteht zu 96 Prozent aus wiederverwertbaren Materialien. Mit einer Nutzungsdauer von 40 Jahren ist das Flexity auch konsequent auf langlebiges Design und zeitlose Ästhetik ausgerichtet.
Auch bei der Innenausstattung des ersten elektrischen Hybridbusses in Zürich setzten die VBZ und Milani auf recycelte Materialien. Die Sitze sind mit edlem und hygienischem ELeather bezogen, das aus recycelten Lederabfällen aus der Industrie hergestellt wird. Die Produktion orientiert sich am «Nose-to-Tail»-Prinzip in der Lebensmittelindustrie, bei dem alle Teile eines Tieres – von der Nase bis zum Schwanz– verwendet werden. Die Sitzbezüge aus recyceltem Leder sind strapazierfähig, benötigen im Vergleich zu Stoffbezügen weniger Pflege und müssen seltener ausgetauscht werden. Beschädigte Bezüge werden nicht weggeworfen, sondern zu neuem ELeather verarbeitet.
Praxisbeispiel 2
Zu 100% zirkulär: Die «Circular Series» Kleidungskollektion von Napapijri
Die Modemarke Napapijri, bekannt für hochwertige Outdoor-Bekleidung, hat mit «Circular Series» eine Kollektion entwickelt, die gleich doppelt nachhaltig ist: Die Jacken bestehen zu 100% aus recyceltem Garn und können zu 100% recycelt werden.
Für alle Jacken-Modelle wird ein einziges Material verwendet, welches aus ausrangierten Fischernetzen und anderen Wertstoffen zurückgewonnen wird. Die Verwendung eines einzigen Materials erleichtert den Recyclingprozess erheblich. Der Artikel kann ohne jegliche Vorbereitung in die Recyclingmaschine gegeben werden. Die Fasern werden ohne Verlust ihrer Eigenschaften aufbereitet und können unbegrenzt für neue Produkte der Circular Series verwendet werden.
Die Napapijri-Kunden spielen beim Recyclingprozess eine zentrale Rolle. Denn wenn sie die Jacken nicht zurückbringen, bleibt das ganze Potenzial ungenutzt. Aus diesem Grund bietet Napapijri einen bequemen Rücknahmeservice an und motiviert mit diversen Anreizen: angefangen beim kostenlosen, einfachen Rückversand über attraktive Rabattaktionen bis hin zu gezielter Kommunikation und Sensibilisierungskampagnen. Die Kundinnen und Kunden lernen, wie sie mit ihrer Rückgabe dazu beitragen, die Umweltauswirkungen der Textilproduktion zu verringern. Napapijri gestaltet das Kundenerlebnis so angenehm wie möglich und fördert dabei nicht nur das Rücknahmeprogramm, sondern auch eine stärkere Kundenbindung.
Praxisbeispiel 3
Novo Nordisk verwandelt gebrauchte Injektionspens in Möbel und Lampen
Müssen Materialien zwingend für ähnliche Produkte oder in der selben Branche wiederverwertet werden? Weit gefehlt! Das Pharmaunternehmen Novo Nordisk denkt über Branchengrenzen hinaus und haucht gebrauchten Injektionspens neues Leben ein. In verschiedenen Pilotprojekten, unter anderem in Grossbritannien, Dänemark und Brasilien, müssen Patienten leere Injektionspens, die sie zur Behandlung von Diabetes, Fettleibigkeit und Hormonstörungen nutzen, nicht mehr wegwerfen. Novo Nordisk sammelt die Pens nach Gebrauch über ein Recyclingprogramm wieder ein. Anwenderinnen und Anwender können die Pens bei ausgewählten Apotheken recyceln, mittels einer kostenlosen Recyclingbox zurückzuschicken oder in manchen Fällen sogar von zu Hause abholen lassen. Novo Nordisk zerlegt und reinigt die gebrauchten Pens. Aus dem Kunststoff werden Bürostühle und aus dem Glas Lampen hergestellt.
Eine grosse Herausforderung bei Rücknahmeprogrammen ist es, die Pilotprojekte zu skalieren und kostendeckend auf ganze Länder oder Regionen auszuweiten. Auch hier zeigt Novo Nordisk Pioniergeist: In Dänemark hat sich Novo Nordisk mit anderen Pharmaunternehmen und Partnern zu einer branchenübergreifenden Initiative zusammengeschlossen: Return Pen, das nationale Rücknahmesystem für Injektionspens, bündelt Synergien und teilt Kosten. Die Initiative bezieht auch Logistik- und Betriebsdienstleister mit ein und wird von der dänischen Regierung und der Europäischen Union unterstützt. Return Pen befindet sich noch in der Pilotphase, wird aber wichtige Erkenntnisse darüber liefern, wie ähnliche Initiativen in Zukunft optimal skaliert werden können.
«Best Practice» Tipps von Milani
Damit die Entwicklung nachhaltiger Produkte unter Verwendung wiederverwertbarer und recycelter Materialien gelingt, empfehlen wir Unternehmen die folgenden, bewährten Praktiken zu berücksichtigen.
- Nichts geht ohne Design für Demontage: Gestalten Sie das Produkt so, dass es leicht zerlegt und seine Bestandteile getrennt werden können
- Reduzieren Sie die Materialvielfalt oder setzen Sie auf Monomaterialien! Die Verwendung weniger Materialien vereinfacht den Recyclingprozess erheblich und macht ihn kosteneneffizienter
- Wählen Sie Materialien, die sich gut für Wiederverwertung und Recycling eignen
- Denken Sie über Branchengrenzen hinaus – nicht nur für die Entwicklung neuer Verfahren und Materialien, sondern auch für die Erschliessung neuer Geschäftspotenziale durch die Kreislaufwirtschaft
- Arbeiten Sie mit Ihren Stakeholdern zusammen, von Lieferanten über Partner bis hin zu Kunden, um deren Bedürfnisse und Herausforderungen zu verstehen
- Bauen Sie schnell Prototypen und wagen Sie Pilotprojekte! Eine umsetzungsorientierte und iterative Vorgehensweise hilft Ihnen, Wissen aufzubauen und Erkenntnisse für eine spätere Skalierung zu gewinnen
Blogpost verfasst von Nadine Wolf (Innovation und Business Design)